Chillen im Bunker? – Eine ungewohnte Vorstellung!
Angestiftet vom Team des JAS-WERKs (Jugend-Architektur-Stadt) und des Freien Kollektivs SPACE-DEPARTEMENT aber gingen die Schüler des Profilkurses Kunst S3 (Leitung Heidrun Kremser) im Frühjahr 2012 ein Semester lang genau dieser Vorstellung nach, setzten sich intensiv mit dem historisch wie architektonisch durchaus „sperrigen“ Gebäudetypus des Bunkers auseinander und entwickelten Ideen für eine Besetzung der ganz anderen Art: Die Jugendlichen sollten Leben in die graue Bude bringen!
Und das Thema ist hochaktuell: Nicht nur in Hamburg wird eine größere Anzahl von Bunkern aus der Zivilschutzbindung entlassen. Viele Bunker, die bisher noch als Schutzräume für die Bevölkerung vorgehalten waren, werden frei für Umnutzung oder Abriss. In Altona prüfen die verantwortlichen Behörden derzeit Entwicklungsoptionen für mehrere Hochbunker.
Das Projekt „BunkerSuperSuite“ beschäftigte sich mit der Frage, wie sich diese Orte heute sinnvoll nutzen lassen – und zwar aus Jugendsicht.
Und das war auch der Grund, warum das Projekt als Modellvorhaben im ExWoSt-Forschungsfeld „Jugend belebt Leerstand“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt und Raumforschung gefördert wurde:
Als Experten in eigener Sache sollten die Schüler untersuchen, inwieweit Bunker als Orte für (Jugend)Kultur geeignet wären und auf der Basis dieser Überlegungen eigene Gestaltungs- und Nutzungskonzepte entwickeln. Dabei war es ein wichtiges Anliegen des Projektes, auch Realisierungsoptionen auszuloten, die Jugendlichen mit ihren Ideen und Bedürfnissen an der öffentlichen Diskussion zu beteiligen und in einen Dialog mit Akteuren aus Politik, Verwaltung und Stadtentwicklung zu bringen.
Unsere Projektpartner brachten als Stadtplaner viel Wissen und Anregung mit. Gewissermaßen als „Warm-up“ präsentierte das Bunker-Team den Schülern des Profilkurses zum Start der gemeinsamen Arbeit eine Sammlung von Bildern mit einer Vielfalt unterschiedlicher Umnutzungsbeispiele. Ein ganzes Alphabet war da zusammengekommen: von A wie Anbauen bis Z wie Zerstören waren eine Fülle von Möglichkeiten entfaltet. Das regte an und machte Lust!
Spontan sammelten die Schüler weitere Ideen. Bereits hier wurde deutlich, dass eine Menge kreatives Potential in der Fragestellung schlummerte.
Aber es ging dem Team nicht nur um die Beteiligung einer kleinen Gruppe – die ganze Schule war aufgefordert, spontan auf das Thema zu reagieren. Deshalb rollte das BUNKERMOBIL auf den Schulhof, ein umgebauter VW-Bus als mobile Videostation. Vor allem die jüngeren Schüler stürmten die eigenwillige Location, um ganz unmittelbar auf vorgegebene Fragen zu antworten und sich dabei filmen zu lassen.
Zum Beginn der vertiefenden Arbeit stand für den Profilkurs Kunst dann eine BUNKERTOUR in den nahegelegenen Bunker in der Schomburgstraße auf dem Programm. Die wenigsten Schüler hatten schon einmal einen Bunker von innen gesehen – und keiner hatte etwas davon gewusst, wie das (Über)leben dort gedacht gewesen sein sollte. Von den Liegestellen bis zum Toilettenpapier – hier schien die Zeit mitten im Kalten Krieg stehengeblieben zu sein. Interessant war dieser Einblick – und er stimmte nachdenklich.
Im Unterricht ging es nun darum, sich weitergehend in die Thematik einzuarbeiten.
Am Beispiel des Schomburgstraßenbunkers lernten die Schüler, dass eine Analyse des Standorts für eine sinnvolle Nutzungsentwicklung bedeutsam ist: Wer wohnt nebenan? – Wie ist die Verkehrsanbindung? – Gibt es Grünflächen in der Nähe?
Außerdem gingen wir der Frage nach, was einen Bunker – funktional und ästhetisch – eigentlich ausmacht.
Auf der Basis dieser Auseinandersetzung wurden die Nutzungsideen konkretisiert.
Vom Paintball bis zur Bibliothek – dicke Mauern schon, aber doch ein weites Feld an Möglichkeiten.
In Zweierteams arbeiteten die Schüler ihre Konzepte aus. Dazu wurden Mood-Boards entwickelt, die über Skizzen, Texte und Materialcollagen einen atmosphärischen Eindruck der geplanten Umnutzung vermitteln sollten.
Dann ging an den Modellbau: Maßstäbe errechnen, Material wählen, Werkzeuge sinnvoll gebrauchen. Das Bunkerteam stand mit Rat und Tat beiseite. Die Schüler waren voll beschäftigt.
Und Besuch aus dem Bezirksamt machte ihnen deutlich, dass ihre Arbeit mit Interesse verfolgt wurde.
Einen Zwischenstand ihrer Arbeit präsentierten die Schüler dann am BUNKERAKTIONSTAG. Der Schomburgstraßenbunker wurde für uns geöffnet und jede Gruppe war aufgefordert, einen passenden Winkel zu suchen und dort in einer Stehgreifaktion einen Hinweis auf ihre Umnutzungsideen zu geben.
Die Herangehensweise war ein echtes Experiment, schließlich ist ein Bunker kein normaler, öffentlich zugänglicher Ort. Aber es funktionierte. Mithilfe von einfachen Materialien, Musik und Licht entstand für wenige Stunden ein atmosphärischer Ort mit goldenem Foyer, einer Bühne, einer Galerie der Ideen, Tape Art, Bar und einer Paintball-Treppe. Ein Liegeraum wurde zum Entspannungsraum, ein anderer zum Kino. Spätestens als die Band „NeuLand“ mit ihrem Auftritt auf der improvisierten Bühne begann, wurde spürbar, dass hier plötzlich ein ganz anderer Wind wehte.
Es war beeindruckend, wie schnell sich ein Bunker doch verwandeln lässt – dank einer geradezu generalstabsmäßigen Planung des Bunkerteams. So fand eine bunte, lebendige Invasion statt, die die Gäste – Vertreter aus Politik, Verwaltung und Stadtentwicklung – sichtlich beeindruckte.
Pünktlich zum Semesterschluss waren die Modelle und zugehörigen Plakate fertig. Im Mai 2012 wurden sie im Rahmen des Hamburger Architektursommers in der schuleigenen Galerie einem breiten Publikum gezeigt (link: Galerie-Ausstellungen).
Auch die Hamburger Bürgerstiftung unterstützte das Projekt im Rahmen der Initiative you:sful-Learning. Auf der Tagung „Lernen durch Engagement“ stellten die Schüler das Projekt im April 2012 vor – zwei der Schüler wurden zum Demokratiefest des Bundespräsidenten eingeladen, um dort von ihren Erfahrungen zu berichten (link: Aktionen/Projekte – Demokratiefest).