Im Wintersemester 2017/18 stand Architektur im Curriculum des Profilkurses Kunst Jahrgang 12 (Leitung: Heidrun Kremser) und wir hatten das Glück, dass die Architektin Susanne Szepanski uns für das fünfte Projekt in der Reihe “Vom Kulturaustausch zur Austauschkultur“ erneut ihre Kooperation zugesagt hatte – blicken wir vom Gymnasium Allee nun doch schon auf eine ganze Anzahl gelungener Projekte zurück, die zusammen mit ihr entstanden sind.
Den Einstieg in das Thema suchten wir zunächst über eine allgemeine Annäherung und fragten die SuS: Hast du schon einmal über Architektur nachgedacht? Spielt sie eine Rolle in deinem Alltag? Kann Architektur ärgern – oder kann sie glücklich machen? Da waren wir mittendrin in der Diskussion – und es zeigte sich, dass viele unserer Schüler/innen mit offenen Augen und Sinnen durch die Straßen laufen und angesichts dieser Fragen einen klaren Standpunkt formulieren konnten.
Und doch lohnte es sich, gerade weil Architektur uns so selbstverständlich umgibt, hier und da noch einmal genauer nachzudenken.
Susanne Szepanski vermittelte dem Kurs interessante Einblicke in den Beruf des Architekten und den Prozess von den ersten Entwurfsskizzen bis zum fertigen Bau. Spätestens als wir einen Blick auf einen Bauplan warfen und angesichts der Fülle an Zeichen, Zahlen und Linien gar nichts mehr erkannten, wurde deutlich, dass Architekten möglicherweise Bau-Künstler sind – aber niemals freie! So viel gibt es zu bedenken und berechnen, so viele Vorschriften einzuhalten!
Wie ideenreich sie dabei dennoch arbeiten können, erfuhren die SuS während der Vorbereitung kleiner Referate über ausgewählte Architekten des 20. Jahrhunderts: Le Corbusier, Frei Otto, Frank O. Gehry, Zaha Hadid und das Architektenduo Herzog/de Meuron.
Ihre Formensprache galt es anhand von Texten und Bildern zu erfassen, das, was für ihre Arbeit typisch ist, herauszustellen und den Mitschülern in einem kleinen Vortrag nahezubringen.
Denn diese fünf Architekten sollten Inspirationsquellen der eigenen Arbeit werden.
Bevor es an das große Semesterprojekt ging, sollten einige kleinere praktische Übungen dafür aber zusätzliche Anregung schaffen. Deren Ziel war nicht das Bauen selbst, sondern ein freier Einstieg in das Spiel mit Flächen, Körpern und Strukturen – und die Eroberung der dritten Dimension.
So ging es zunächst auf der Basis von Natur- und Landschaftsaufnahmen darum, das Prinzip einer Struktur zu erfassen und dieses in einer kleinen skulpturalen Arbeit mit frei wählbarem Material räumlich umzusetzen.
Schöne, zum Teil sehr reizvolle Arbeiten sind da herausgekommen.
In der zweiten Übung wurde der Bezug zu den Architekten, mit denen sich die SuS beschäftigt hatten, bereits hergestellt – doch auch hier ging es noch um die Gestaltung einer kleinen Skulptur aus dünner Pappe: Sie sollte durch die Umgestaltung einer Würfelabwicklung (das ist die aus sechs Quadraten bestehende Fläche, aus der man einen Würfel zusammenbasteln kann) zustande kommen. Diese durfte lediglich durch Knicke, Falzungen oder Schnitte (nicht aber durch das Abschneiden von Flächen) verändert werden. Wer sich das nicht vorstellen kann, sollte es selbst einmal probieren – denn es war frappierend, wie sich so eine Fläche verwandeln kann! Aus einem Würfel in schönster konstruktivistischer Manier wurden da vieleckige Gebilde im Stile Zaha Hadids, leichte, fast fliegend wirkende Bauten nach Frei Otto oder gerundete Formen, die an die Bauten Frank O. Gehrys erinnerten.
Und in einem den Skulpturen beigestellten Satz formulierten die SuS die zentralen Intentionen „ihres“ Architekten.
Derart vorbereitet konnte dann auch das große Projekt in Angriff genommen werden: Die SuS hatten die Aufgabe, einen kleinen Schulhofkiosk zu entwerfen, der in seiner Formensprache von den Architekturvorbildern inspiriert sein sollte. Mit dem Verkauf von Zeitungen, Zeitschriften und Snacks sollte er ein attraktiver Anziehungspunkt für Schüler in der Pause werden können.
Nach vorbereitenden Skizzen ging es an den Modellbau – und es erwies sich als sehr hilfreich, eine echte Architektin an der Seite zu haben: Susanne Szepanski dachte sich blitzschnell in die Bauvorhaben ein und konnte manch wertvollen Tipp für die Umsetzung geben.
Anders als im wirklichen Leben waren unsere kleinen Gebäude nach wenigen Wochen Bauzeit fertig gestellt.
Muriel ging – vom Gedanken an Zeitschriften inspiriert – bei ihrem Entwurf von der Form eines Papierknäuels aus. Angelehnt an die Formensprache Zaha Hadids entwickelte sie davon ausgehend einen interessanten Baukörper mit vielen Vorsprüngen, Ecken und Kanten. Joyleen ließ sich von den Oberflächenstrukturen der Bauten Herzog/de Meurons anregen – und entwarf, in fast kongenialer Manier, einen Kiosk mit filigran durchbrochenen Wänden und einer weit ausgreifenden Dachkonstruktion. Sara folgte dem Vorbild Le Corbusiers und ging die Sache eher konstruktiv an: Ihr als Würfel geformter Kiosk hielt aber einige Überraschungen bereit: Eine Front ließ sich vollständig aufklappen und bot so Sitzgelegenheiten, aus einer zweiten Seite ließ sich eine Überdachung herausziehen, und die Rückwand des Kiosks war mit einem rechtwinkligen Muster aus gelben, roten und blauen Scheiben besetzt.
Kleine Bauten nach großem Vorbild.
Susanne Szepanski war von der abschließenden Präsentation beeindruckt – und zollte den SuS ihren Respekt.
Nun werden die Ergebnisse in der GAlerie! des Gymnasiums Allee zusammen mit erklärenden Plakaten präsentiert.
Mal sehen, ob sich da nicht ein Bauherr findet!
Zur Peer-to-Peer-Begegnung freuen wir uns schon jetzt auf unsere Austauschpartner aus Kassel, die in wenigen Wochen anreisen werden.