Die japanische Künstlerin Nobuko Watabiki, geboren 1958 in Tokyo, lebte und arbeitete ein Jahr lang im Künstlerhaus Frise in Ottensen, nachdem sie mit dem renommierten Stipendium »Japanese Government Overseas Study Program for Artists« ausgezeichnet worden war. So kam sie von einem kleinen Künstlerdorf in der Nähe von Tokyo direkt hierher in die Hansestadt Hamburg.
Nobuko Watabikis Arbeiten kreisen immer wieder um den Menschen mit seinen Emotionen und Sehnsüchten. Das Individuum steht jeweils im Mittelpunkt ihrer Bildwelten: in Beziehung zum eigenen Selbst, zu anderen, die dem Einzelnen gegenüberstehen, und zur Außenwelt, die ihn einschließt. Die Darstellungen spiegeln eigene Erfahrungen und Gefühle der Künstlerin:
»Durch meine Bilder drücke ich meine Ansichten zum Leben aus; bis zu dem Punkt, an dem ich anfange, mein eigenes Selbst bloß zu legen. Ich begann, verschiedene menschliche Bildnisse zu schaffen, indem ich Porträts von mir selbst malte. Durch das Aufzeigen meiner eigenen Erfahrungen konnte ich die Ansichten anderer ausloten. Das Schaffen von Kunst bedeutet Lernen. Im Gestalten entdeckt man, was einem fehlt und wo Verän- derung notwendig ist. Die künstlerische Arbeit half mir zu wachsen und rettete zuweilen auch meine Gelassenheit. Jene frühen Selbstbildnisse durchlebten eine Metamorphose, sie verwandelten sich zur Darstellung anderer Menschen. Das Überprüfen der eigenen Person aus der Ferne ist tatsächlich so, als ob man andere beobachtet. Es erlaubt ei- nem, sich selbst objektiver zu sehen, und ein präziseres Bild von sich selbst entsteht. Diese Beobachtung findet das ganze Leben über statt. Dabei verstand ich, dass es die- sen besonderen Punkt gibt, an dem ich und mein Alterego sich gegenüber stehen und einander wie in einem Spiegel reflektieren. Ich denke, dies ist der Punkt, wo das wahre Leben einer Person erfasst wird.«
In Nobuko Watabikis frühen Werken kombiniert sie Photographien und Zeichnungen. Familiäre Bindungen und Erfahrungen von Heranwachsenden bilden hier das Hauptmotiv. Später malt sie vorwiegend mit Ölpastellen auf Japanpapier abstrahierte, flächig- farbige Figuren, die um universelle menschliche Erfahrungen und Empfindungen wie Isolation, Wut oder Angst kreisen. Immer werden sie jedoch von einer guten Portion Humor begleitet.
Während ihres Aufenthalts in Deutschland hat sie begonnen, großformatige textile Werke aus Kleidern hiesiger Second-Hand-Läden zu nähen. So vereinen sich in ihren jüngsten Hamburger Bildern europäische Farben und Muster mit den von der japanischen Kultur geprägten Formen und Motiven.
Im Laufe ihrer Karriere präsentierte Nobuko Watabiki ihre Arbeiten auf 30 Einzelaus- stellungen und über 50 Gruppenausstellungen unter anderen in Galerien in den japanischen Städten Tokyo, Kanagawa und Hokkaido, aber auch in Korea und auf den Philippi- nen. Ihre Werke sind ebenfalls Thema einer kürzlich erschienenen Publikation (»Curious hands: Freeing myself and becoming a painter«; Shobunsha, 2008)
Bevor die Künstlerin nun wieder nach Japan abreisen wird, zeigt sie hier in der galerie! des Gymnasium Allee ihre jüngsten Werke.